Hoppel und Moppel
- Hoppel, wildfarbenes Zwergkaninchen, weiblich, ca. 2 Jahre alt
- Moppel, wildfarbenes Zwergkaninchen, männlich, kastriert, ca. 2 Jahre alt
Vermittelt im Juni 2010
Hoppel und Moppel wurden auf dem Balkon zurückgelassen, als ihre bisherigen Besitzer umgezogen sind. Eine Zeit lang haben sich Nachbarn notdürftig um die Tiere gekümmert; dann haben sie sie zu uns ins Tierheim gebracht.
Hoppel und Moppel sind beide wildfarben und haben eine weiße Nasenpartie. Die beiden sind ein unzertrennliches Paar und werden deshalb auch nur zusammen vermittelt. Nach der Geschichte, die Hoppel und Moppel hinter sich haben, ist es nur zu gut verständlich, dass sie Menschen gegenüber zunächst etwas misstrauisch sind. Sie sind aber in keinster Weise aggressiv, sondern sie halten anfänglich einfach Abstand und schauen sich das Geschehen lieber aus der Ferne an. Streichelnde Hände und liebende Menschen scheinen sie bisher kaum kennen gelernt zu haben.
Im Tierheim hat sich Hoppels und Moppels Scheu bisher fast nicht gebessert, denn auch hier bekommen sie bei weitem nicht die Ansprache, die sie benötigen. Das ist nicht zuletzt deshalb besonders schwierig, weil sie leider getrennt von allen anderen Kleintieren in Quarantäne leben müssen.
Warum? Als Hoppel und Moppel zu uns kamen, fiel gleich auf, dass ihre Augen zum Teil weißlich eingetrübt sind. Außerdem zeigten sie einen „unrunden“ Bewegungsablauf. Die Untersuchung in der Tierklinik bestätigte unseren Verdacht: Hoppel und Moppel haben Enzephalitozoon cuniculi, auch E.C. oder Schiefhals (englisch „Headtilt“) genannt. Es handelt sich hierbei um eine Infektion mit einem Einzeller, der das Gehirn, das zentrale Nervensystem und innere Organe angreift. Die Symptome können unterschiedlich sein, sowohl von der Erscheinungsform als auch von der Intensität her. Die Infektion kann Bewegungsstörungen und Krampfanfälle auslösen, fällt aber meistens dadurch auf, dass die betroffenen Tiere ihren Kopf nach seitlich oben verdreht halten. Darüber hinaus kann es zu Eiweißausflockungen in den Augen kommen.
Diese Krankheit ist eine Zoonose, d.h. das erkrankte Tier scheidet Sporen des Erregers aus, die andere Säugetiere (Kaninchen, Meerschweinchen, Hunde, Katzen, Menschen….) infizieren können. Die Sporen werden durch den Kot und Urin ausgeschieden. Für Menschen ist der Erreger nur eine Gefahr, wenn das Immunsystem geschwächt ist (z.B. HIV-Infizierte, Organtransplantierte, Säuglinge etc.). Generell sollte nach jedem Kontakt mit kranken Tieren ein gründliches Händewaschen selbstverständlich sein. Auch die Käfigpflege darf man bei erkrankten Tieren natürlich nicht vernachlässigen.
Die Krankheit kann lange Zeit unerkannt im Kaninchen schlummern, bis es einen Krankheitsschub gibt, in dem das Kaninchen Symptome zeigt. Ein solcher Schub lässt sich unter tierärztlicher Aufsicht gut medikamentös behandeln. Nach Abklingen des Schubs bleiben jedoch oft die äußerlich sichtbaren Symptome Kopfschiefhaltung und Augentrübung bestehen. Die Kaninchen arrangieren sich jedoch schnell mit diesen Beeinträchtigungen und können in der Regel gut damit leben. Es kann sein, dass nach einmaliger Behandlung nie wieder ein Krankheitsschub auftritt und das Kaninchen ganz normal sein langes Kaninchenleben leben kann. Leider kann das niemand voraussagen.
Hoppel und Moppel wurden gegen die Krankheit behandelt und sind stabil. Sie werden jedoch ein Leben lang den Erreger ausscheiden und dürfen nicht im selben Haushalt mit anderen, gesunden Kaninchen leben, da ihre Ausscheidungen für andere Tiere immer ansteckend sein werden. Ideal wäre es, wenn wir für Hoppel und Moppel ein Plätzchen bei Menschen finden könnten, die Erfahrungen mit der Krankheit haben, das ist jedoch nicht Voraussetzung.
Zur Zeit ist keine Behandlung notwendig, und außer der Augentrübung merkt man Hoppel und Moppel nichts von ihrer Krankheit an. Sie benehmen sich wie ganz normale Kaninchen, fressen, hoppeln herum, freuen sich ihres Lebens. Natürlich müssen Tiere wie Hoppel und Moppel besonders gut beobachtet werden, damit man zuverlässig erkennt, wenn es wieder Zeit für eine Behandlung sein sollte. In diesem Fall müssen die beiden schnell einem Tierarzt vorgestellt werden. Je länger man wartet, desto schwieriger ist die Bekämpfung.
Welcher verständnisvolle Kaninchenliebhaber möchte Hoppel und Moppel trotz ihres Handicaps ein schönes Leben bereiten? Hoppel und Moppel haben sich das alles nämlich nicht ausgesucht, und sie wissen auch nichts von dieser Krankheit, sondern leben ihr Kaninchenleben, wie es kommt, und freuen sich, dass sie sich gegenseitig haben. Wenn sie jetzt auch noch Menschen hätten, denen sie vertrauen können und die sich ganz toll und liebevoll um sie kümmern, wäre ihre bescheidene kleine Welt wieder in Ordnung. Dieses rührende Pärchen hat es so sehr verdient, dass endlich der schöne Teil ihres Lebens beginnt!
Wir haben beim Verfassen dieses Textes Informationen von der Webseite www. headtilt. de verwendet, die sich Interessierte unbedingt anschauen sollten. Auf dieser Seite gibt es Informationen über die Krankheit sowie viele Erfahrungsberichte von betroffenen Kaninchenbesitzern.
Auskünfte und Beratung: Tel. 0911 / 501 584, abends ab 18 Uhr.